Kempo ist ein auf traditionellen Kampfkunstprinzipien basierendes Schulungssystem des gesamten Menschen. Die lange Geschichte des Kempo beginnt der Legende nach in Indien. Dort wurden bereits sehr früh die Kampfkünste auf systematische Art und Weise praktiziert und weiterentwickelt. Bereits in Indien wurden die reinen Kampftechniken untermauert durch spirituelle Praxis. Auch yogische Verfahren sowie indische Heilkunst waren immer integrale Bestandteile eines vollständigen Lehrsystems, indem die Kampfkunst eine wichtige Rolle spielte.

 

Von Indien kamen verschiedene dieser Traditionen nach China. Die berühmteste Überlieferung fand durch Bodhidharma statt, der den Dhyana-Buddhismus nach China brachte, wo er sich zum Chan-Buddhismus wandelte. Des Weiteren brachte Bodhidharma auch die indische Kampfkunst nach China, genauer gesagt nach Shaolin, dem bis heute welt-berühmten Kloster. In Shaolin entwickelte sich das Kempo weiter. Generationen von Mönchen schufen Kampfverfahren, die die Welt noch nie zuvor gesehen hatte. Daraus entstand das Shaolin Kungfu mit seinen vielen verschiedenen Stilen. Doch auch in Shaolin war Kampfkunst immer nur ein Teil einer ganzheitlichen Schulungspraxis, neben der Medizin, der Meditation, der Askese und anderen Kultivierungsmethoden.

 

Von China gelangte das Kungfu in andere asiatische Länder, zum Beispiel nach Okinawa, wo die spezifisch chinesischen Traditionen Kempo genannt wurden. Bis heute werden auf Okinawa verschiedene Kempo-Stile praktiziert. Von Okinawa kamen diese Stile auch nach Japan und schließlich auch nach Amerika und Europa.

 

Das ursprüngliche Kempo aus Indien wurde im Laufe der Zeit und auch durch die örtlichen Unterschiede immer wieder der neuen Situation angepasst. Trotzdem wurden die Traditionen bewahrt. So entstand ein in seinem Kern fester Stil, der jedoch flexibel genug war, örtliche und zeitliche Unterschiede zu integrieren und sich so weiter zu entwickeln. Im Hinblick auf die Yin-Yang Theorie konnte sich das Kempo so immer treu bleiben, obwohl es sich ständig veränderte und weiter entwickelte.

 

Auch heute verlangen ein neuer Zeitgeist und die neue Örtlichkeit eine Anpassung der Kampfkunst. Man darf den Problemen von heute nicht mit Lösungen aus der Vergangenheit begegnen. In der westlichen Welt von heute gibt es Anforderungen an eine Kampfkunst, die so vor hunderten von Jahren in Asien nicht bestanden. Kempo als flexibler Stil muss sich diesen Anforderungen stellen. Genauso, wie China das indische Kempo weiterentwickelt hat, muss auch die westliche Welt das chinesische oder japanische Kempo weiter entwickeln.

 

Weiterentwicklung und Wachstum bedeuten Veränderung. Kein Stil sollte sich vor Veränderungen scheuen, denn sie sind notwendig und wirken verjüngend. Gleichzeitig darf man dabei nicht die eigenen Wurzeln vergessen. Nur auf der Grundlage der traditionellen Prinzipien ist eine sichere und gesunde Veränderung möglich.

 

Wenn zum Beispiel im technischen Bereich neben den Wurftechniken unter Verwendung des Gi nun auch Wurftechniken ohne Gi integriert werden, so entspricht dies einer Weiterentwicklung im technischen Bereich, die modernen Anforderungen an eine effektive Kampfkunst gerecht wird. Diese Veränderungen bedeuten jedoch nicht, dass wir dafür auch im geistigen Bereich die zeitgenössische Art der Freefighter und Straßenkämpfer übernehmen.