Mein Name ist Dennis Nötzel. Ich möchte Ihnen etwas über mich erzählen, unter anderem über meinen Werdegang zum Trainer (Sempai) im Kempokan, aber auch etwas über den Weg des Schülers.
Da ich die Kampfkunst schon im Alter von neun Jahren für mich entdeckt habe, praktiziere ich diese soweit ich mich schon fast zurückerinnern kann. Am Anfang war es für mich bloß ein netter Zeitvertreib. Später entwickelte sich die Kampfkunst für mich zu einem coolen Hobby. Sich nach der Schule mit seinen Freunden im Training zu treffen, um die Fäuste fliegen zu lassen, war für mich immer der Höhepunkt des Tages. Und ehe ich mich versah, wurde sie fester Bestandteil meines Alltags. Man fing an über Kampfkunst zu reden, außerhalb vom Training zu üben, um besser zu werden und dachte sogar über sie nach.
Nun, zehn Jahre später, ist die Kampfkunst ein zentraler Aspekt meines Lebens geworden, sie bildet sozusagen meine Mitte. Das heißt aber nicht, dass wichtige Faktoren wie Freude beim Trainieren oder die Neugierde nach neuen Techniken abgenommen hat. Ganz im Gegenteil, je weiter man geht, desto näher kommt man an den wahren Kern der Kampfkunst.
Die Kampfkunst heißt auf japanisch Budo. In dem Wort Budo steckt die kleine Silbe Do drin. Es sind zwar bloß zwei Buchstaben, auf den ersten Blick unbedeutend, doch sie kommen überall immer wieder vor: Dojo, Aikido, Judo, Taekwondo. Do heißt nämlich Weg. So bietet die Kampfkunst jedem auf den ersten Blick nur die Möglichkeit sich vom Sportmuffel zum Schwarzgurt zu entwickeln. Doch so einfach ist das nicht. Do bietet einem neben der körperlichen Ausbildung auch Fortschritte im geistigen Bereich. Deshalb wird die Kampfkunst zum Wegbegleiter auf dem Weg zur Selbstfindung. Weniger philosophisch könnte man sagen, dass man einem Schüler nur dann mehr Techniken beibringen darf, wenn dieser auch die nötigen Kompetenzen mit sich bringt, die über Stärke und Ausdauer hinausgehen. Das wären zum Beispiel Vernunft, Demut und Disziplin. Und da man all dies nicht von Anfang an hat, da ja kein Meister vom Himmel gefallen ist, gibt es ja die Kampfkunst als Weg, also als runde Entwicklung des Individuums Schritt für Schritt.
Und genau das bietet einem das Kempokan an. Ich hörte mich öfters um, ob es nicht Alternativen zum Kempokan gibt und man kriegt durch seinen Bekanntenkreis einiges über andere Kampfsportarten mit. Doch ich stellte schnell fest, dass das Kempokan in seiner Form ein Unikat ist. Viel zu viele Kampfsportarten haben bloß den Körper in den Vordergrund gestellt. Aber es geht noch schlimmer, nämlich wenn das Geld die zentrale Rolle zwischen Lehrer und Schülern spielt, von den vergessenen Traditionen ganz zu schweigen. Es sollte klar sein, dass es nicht reicht einen Schwarzgurt zu tragen oder sich gar einen zu erschwindeln, um ein Meister zu sein. Man muss auch von innen her ein Schwarzgurt sein, um diesem Titel erst gerecht zu werden.
Dieser Aufgabe habe ich mich gestellt und es liegt noch ein steiler und harter Weg vor mir, der mit viel Arbeit, Ehrgeiz und Selbstdisziplin verbunden ist. Doch der Weg ist das Ziel. Ich kenne nichts was mir mehr Spaß macht, als zum Training zu gehen und eine Runde zu schwitzen. So betreibe ich jetzt neben dem Kempo, mit dem ich ursprünglich angefangen habe, auch noch das Kempokan Jiu Jitsu, der Kampfkunst des Nachgebens. Dort wird anders als im Kempo nicht getreten oder geschlagen, sondern geworfen und gehebelt. So bilden beide eine in sich schlüssige Einheit.
Doch, wie ich vorhin schon erwähnt habe, geht das Kempokan über die Technik hinaus. Das heißt, dass es im Grunde nicht reicht eine Prüfung nach der anderen zu bestehen, um aus einen Weißgurt einen Schwarzgurt zu machen. Nein, man muss den großen Schritt vom Schüler zum Meister schaffen. Das wiederum bedeutet, dass man ab einer bestimmten dunklen Gürtelfarbe auch anfangen sollte nicht nur zu lernen wie man richtig kämpft, sondern auch lernen sollte zu lehren.
Am Anfang als mich mein Sensei fragte, ob ich nicht Lust habe eine Sempai-Ausbildung anzufangen, war ich nicht ganz überzeugt von dem Gedanken. Ich wunderte mich, was mir das bringen soll anderen Techniken beizubringen, die für mich ein alter Hut sind. Jedoch änderte ich schnell meine Meinung, als ich merkte, dass dies gar nicht so einfach ist. Plötzlich geriet man in Ahnungslosigkeit beim Lehren von „verstaubten“ Techniken oder man war es nicht gewohnt vor der Gruppe mit Gleichaltrigen etwas vorzuzeigen. Doch genau an diesen Herausforderungen wuchs ich ungemein. Die Arbeit als Sempai verbesserte auch meine Technik und mein Hintergrundwissen erheblich.
Aus diesen Gründen hat das Sempai-Dasein für mich das Kempokan qualitativ verbessert und mir auch einen neuen Blickwinkel gegeben. So wächst ein Schüler an seinem Lehrer und der Lehrer an seinem Schüler. Somit ist die Kampfkunst ein nie endender Prozess, der mich durchs Leben begleitet oder gar leitet. Ein Meister bleibt für immer ein Schüler. Auch dies begeistert mich am Kempokan, da es für alle Altersklassen geeignet ist und einen flexiblen und dynamischen, dennoch stabilen Charakter besitzt. Und das wichtigste, was man als Lehrer seinen Schülern beibringen kann, sind keine Techniken, sondern den Willen und die damit verbundenen Ideale. Dennoch sollte ein Schüler seinen Lehrer nicht kopieren, sondern seinen eigenen Weg finden.
– Dennis Nötzel –